Warum muss eigentlich ausgerechnet in Kolbermoor ein Krematorium her?

So berauschend gut ist die Verkehrsanbindung nun doch auch nicht!
Es sind ja doch einige Kilometer zur Autobahn, die Straße dort hin ist auch oft sehr stark befahren, selbst wer sich der neuen Umgehung bedient und bei der Post abfährt, riskiert zwischenzeitlich schon häufig ein im-Stau-Stehen auf der Abfahrt, spätestens aber auf der Staatsstraße wenn auf die Ampel beim MacDonalds angestanden wird.
Jetzt herrscht schon starkes Verkehrsaufkommen auf Landstraßen und in den umliegenden Gemeinden / Städten. Da scheint es doch absichtlich mühselig gemacht, die Location am Rothbachl zu erreichen.

Das muss doch auch einfacher gehen?
Vielleicht gleich ganz in der Nähe der Autobahnausfahrt Bad Aibling? Das sind Gebiete, die doch noch zu Kolbermoor gehören?
Wir haben ja schon mal ausgerechnet, dass – so ganz global – nur etwa 4 % der Einäscherungen mit allen zugehörigen An- und Abfahrten Kolbermoorer Anwohner bzw. Hinterbliebene sind. Beim Betrieb von zwei Öfen dann lediglich etwas über 2 %. Da ist es geradezu herrlich unlogisch, dass man schon mal alleine knapp 14.000 Fahrten jährlich an An- und Abfahrten über die McDonalds-Kreuzug jagt. Trauergäste nicht mit geschätzt, weil wie sich der Trend, bei Einäscherungen zuzusehen, in den kommenden Jahren entwickelt, kann wohl nicht zutreffend abgeschätzt werden.

Aber es war ja zu lesen, der potentielle Betreiber sei nur am Standort Am Rothbachl interessiert.
Warum so unflexibel? Jetzt hat man nach Absagen vieler anderer Gemeinden endlich eine gefunden, die im ersten Moment scheinbar willig ist, auch wenn die Bürger nun das letzte Wort haben, und jetzt muss es an einer bestimmten Stelle sein.
Auch wenn woanders die Kosten möglicherweise höher sind, für einen Totalgewinn nach Geschäftsführergehältern (und evtl. Tantiemen) wird es doch auch in Kolbermoor an einer anderen Stelle reichen?

Damit haben wir beim eigentlichen Thema eingeschlagen:
Money makes the world go round.

Auch wenn Geld für das Funktionieren einer Volkswirtschaft zwischenzeitlich unerlässlich ist, erschließt sich mir dies immer noch nicht so wirklich wenn ich dagegen die zusätzliche Umweltbelastung und vor allem die erhöhte Gesundheitsgefährdung der Menschen setze.

Selbst wenn man die Einnahmen aus der Gewerbesteuer berücksichtigt.
Die dürften gleich in den ersten Betriebsjahren anfallen und ganz ansehnlich sein, wenn man die Zahlen aus den Jahresabschlüssen der GmbH die das Krematorium in TS betreibt, als Basis nimmt – mehr als ein Educated Guess also; wer beruflich mit Kleinigkeiten wie Jahresabschlüssen und Steuern zu tun hat kann aus den in stark verkürzter Form veröffentlichen Daten schon einiges herauslesen bzw. – rechnen. Nachdem die Anlage in Kolbermoor ja vergleichbar mit der in TS werden soll, drängen sich hier verschiedene Schlußfolgerungen förmlich auf.

Rechnen wir noch den Erbbauzins dazu – davon ausgehend dass die Info, das Krematorium soll auf dem Grundstück unter Erbpacht stehen, noch aktuell ist – der jährliche Einnahmebetrag aus dem Erbbauzins ist auch nicht übel, wenn man sich an für so eine Unternehmung übliche Grundstückswerten und übliche Erbbauzinssätzen orientiert. Zusammen käme da jährlich ein nettes Sümmchen zusammen.

Aber warum haben sich dann so viele andere Gemeinden / Städte im Umkreis gegen den Bau entscheiden? Sicher hat man denen doch als Entscheidungshilfe voraussichtliche Einnahmen-Zahlen geliefert?
Ach so, die brauchen kein zusätzliches Geld? Wie schön für die!
Die haben ähnliche Hebesätze bei der Gewerbesteuer, und der Erbbauzins, den würde man doch bestimmt auch gleich oder zumindest ähnlich gestalten.

Hier der Versuch einer Zusammenfassung – was man in den letzten Monaten so aus der öffentlichen Berichterstattung zu Gründen für Absagen als Standort entnehmen konnte:

Ausgangssituation: der Betreiber aus Traunstein möchte im Mangfalltal bis 2020 ein Krematorium zwischen Rosenheim und München bauen.

Tuntenhausen:
da soll nicht angefragt worden sein. Irgendwie verständlich, die Lage mit nicht wirklich guter Verkehrsanbindung ist nicht gerade der Brüller.
Feldkirchen-Westerham:
abgelehnt, alleine wegen des massiv erhöhten erwarteten Verkehrsaufkommens, das der kleinen Gemeinde nicht zuzumute sei. Auch sei das Krematorium nicht an jedem Standort gewollt. Und ein Krematorium passe auch nicht in ein Gewerbegebiet. Eine Gemeinde mit 11.000 Einwohner sei doch kein Platz für ein Krematorium, welches ein Mittelzentrum sein müsse.
(Aha, aber eine Stadt mit etwa der doppelten Einwohnerzahl ist es dann schon?!?!)
Bad Aibling:
abgelehnt, man sei Kurstadt, und auch hätte man keine geeigneten Flächen zur Verfügung
Bruckmühl:
dort vertritt man offenbar denselben Standpunkt wie in Bad Aibling
Bad Feilnbach:
die Angelegenheit wurde dort „nicht weiter verfolgt“
Sauerlach:
wurde angefragt, wie die Entscheidung war nirgends zu finden, die Gemeinde Sauerlach hat auf eine Email nicht geantwortet

Schon interessant – nur in Kolbermoor, da ist man ziemlich wild drauf.
Wie es aussieht, hält sich nur bei den Kolbermoorer Bürgern die Begeisterung in Grenzen.

Wegen des Geldes? Warum sollte es sonst sein?
Weil die Landschaft so viel schöner wird, wenn weitere Grünflächen beseitigt werden müssen? Wenn ergänzend ein etwa 10 Meter hoher Schornstein in der Gegend herum steht?
Weil die Entwürfe für die Gebäude so supertoll sind? (zu finden irgendwo auf der Homepage der Stadt Kolbermoor bei den ganzen Infos für das Krematorium – also, ich finde sie grässlich! Nicht einmal Gebäude sind geplant, die sich harmonisch in die Umgebung einfügen. Modern sehen sie schon aus – aber das verstehe ich vermutlich nicht.)
Weil die Luft so viel besser werden wird?
Weil damit wirklich überhaupt gar keine zusätzlichen Belastungen – psychisch und physisch – auf die Kolbermoorer zukommen? Weil das garantiert werden kann? Von wem eigentlich?
Weil der zusätzliche Verkehr dafür sorgt dass bei uns endlich wirklich mal alles los ist, was nicht angebunden ist?
Weil der Lebensraum für Tiere in unserem eh viel zu ungrünen Kolbermoor noch stärker eingeschränkt wird?
Habe ich was vergessen?

Viele zusätzliche Arbeitsplätze werden nachhaltig ja kaum geschaffen:
Die Anlage müsste mit etwa 10 Mitarbeitern zu betreiben sein.
Selbst bei Anwendung aller verfügbaren Rechenkünste: die Zahl derjenigen Kolbermoorer, die Arbeit suchen, und vor allem noch die nötigen Fachkenntnisse dafür aufbringen, wird das wohl nicht sonderlich reduzieren.

Man könnte natürlich argumentieren, das muss ja alles erst gebaut werden. Das schafft Umsatz, Gewinn, Gewerbesteuer, Arbeitsplätze. Gutes Argument!
Welches aber ganz schön große Löcher hat.
Wer garantiert denn, dass auch Kolbermoorer Firmen die Aufträge bekommen?
Nachdem Geld ja augenscheinlich so wichtig ist, werden die Aufträge für die einzelnen Leistungsbereiche doch garantiert an die vergeben, die die günstigsten Angebote machen?!? Können sich die Kolbermoorer Handwerksfirmen den Preiskampf leisten?

Den Ofen bzw. die Öfen baut schon mal kein Kolbermoorer Unternehmen, sondern eine Firma aus Düsseldorf (Info der FBSO). Das kann auch noch nachvollzogen werden, weil es sich hier ja um eine Spezialfirma handeln muss, die das nötige Know How hat. Davon gibt es nicht so arg viele. Die wird die Anlage vermutlich auch warten.

Selbst wenn Kolbermoorer Firmen die restlichen Aufträge bekommen, dann ist noch lange nicht gesagt, dass diese Firmen in genau dem Jahr dann einen Totalgewinn erzielen, und Gewerbesteuer aus dem Bau in die Stadtkasse fließt. Aber, das wären ja eh nur Momentaufnahmen – ein, vielleicht zwei Wirtschaftsjahre bei den jeweiligen Unternehmen, dann sind die Arbeiten fertig. Es könnten also tatsächlich zusätzliche Arbeitsplätze für eine oder zwei Saisonen geschaffen werden.
Ein wirklich stichhaltiges Argument für das Krematorium finde ich das nicht, da nicht von Dauer.

Zusammengefasst können die Argumente für das Krematorium in einem Wort zusammengefasst werden: Geld.

Das ist kein sonderlich gutes, wenn man die ganzen Negativerscheinungen dagegen abwägt. Ausschlaggebend dafür, die Umgebung mit allem was mit einem Krematorium mitkommt auf Jahre hinaus zu belästigen kann das aber nicht sein?
Aber die Platzierung des Neuen Friedhofes da wo er jetzt ist war vermutlich auch schon nicht die beste Idee. Die da leider, wie sich nun herausstellt, samt dem Kind in den Brunnen gefallen ist, und nun sollen die Kolbermoorer Bürger/innen die Konsequenzen daraus tragen.
Das ist sowas von nicht okay!

Wem es nicht passt, der kann ja weg ziehen?
Klar, bei den Immobilienpreisen und Mieten no Problem! Lasst uns alle zusammenpacken und nach Australien auswandern! Da gibt es jede Menge Platz, und an das Englisch mit dem lustigen Akzent, daran gewöhnt man sich auch als Bayer schnell!