Im Zusammenhang mit dem geplanten Krematorium wird ja ganz schön viel von Pietät geredet.
Nachgelesen: was genau will uns das Wörtlein Pietät eigentlich sagen?
Z.B.: Achtung, Würdigung, Respekt, Ehrfurcht, Rücksicht und diverses Andere.
Gilt die Pietät nur für die Verstorbenen? Da scheint ja die Totenruhe ein ganz wichtiger Faktor zu sein. Welche durch alles, was mir nachfolgend eingefallen ist, massiv gestört sein dürfte!
Ich greife jetzt mal das Thema zwangsweise durch ein Krematorium produzierter zusätzlicher Verkehr auf, und frage mich, ob das mit wenigstens einem der Synonyme der Pietät in Einklang zu bringen ist.
In einem Promotion-Interview in einer der letzten Kolbermoorer Bürgerzeitungen wird die Zahl der zusätzlichen Autofahrten kräftig aufgehübscht – da steht zu lesen, 15 bis 30 zusätzliche Fahrten könne die Kreuzung beim McDonalds leicht verkraften, denn bei rund 20.000 Fahrzeugbewegungen pro Tag würden die nicht mehr ins Gewicht fallen.
Da hat Mann bei der Berechnung aber ganz offensichtlich die Trauergäste „vergessen“.
Und überhaupt finde ich diese pietätlose Aussage eine Unverschämtheit.
Es werden durch Anlieferung der Verstorbenen, Abholung der Urnen, und ganz besonders durch An- und Abfahrt von Trauergästen, welche der Einäscherung beiwohnen möchten, ganz sicher mehr als 15 bis 30 Fahrten täglich zusätzlich entstehen. Muß man ein Mathegenie sein, um da draufzukommen?
Die Krematorien werben ja geradezu damit, dass die Trauergäste in ansprechend gestalteten Räumlichkeiten dabei zusehen können, wie ihre Liebsten die letzte Fahrt antreten.
Dass die Gäste zu einer Einäscherung alle gesammelt in einem Fahrzeug ankommen und wieder abfahren, daran glaubt bestimmt nur der Weihnachtsmann. Die kommen doch in mehreren motorisierten Fahrzeugen an. Und wieder weg. Und wenn dann vielleicht noch das Wetter schlecht ist, jeder selbst im eigenen Auto, weil man will sich ja die gute Kleidung nicht verpfuschen.
Wenn die also da sowieso schon fröhlich in der Gegend herumfahren, dann können sie genausogut zu einem an einem wesentlich passenderen Standort gebauten Krematorium ötteln und wieder weg davon.
Je nach dem, wo die Gäste herkommen, ist es noch nicht einmal ein Umweg, sondern sogar kürzer für sie zu fahren.
Besonders die unmittelbaren Anwohner neben dem Krematorium – die dürften die zusätzlichen Fahrten sehr wohl belasten, da die ersten ja nur etwa 70 Meter davon entfernt ihre Häuser haben.
Wo ist denn jetzt da der Respekt, also die Pietät meine ich, für die, die zur Arbeit gehen um ihren Lebensunterhalt zu verdienen – brauchen die keine Ruhe, weder tagsüber noch nachts?
Mehr Abgase kann man ihnen auch ohne Probleme und Rücksichtnahme zumuten?
Auf – besonders noch kleine – Kinder besser aufpassen zu müssen, dass die nicht beim spielen aus Versehen in eines der viel zahlreicher auftretenden Autos laufen, darf dann gerne Hauptfreizeitbeschäftigung der Erwachsenen werden?
Oder wird Kindern unter einem gewissen Alter dann einfach untersagt, draußen zu spielen?
Setzt euch lieber an den Computer, das stärkt das Immunsystem nicht so – Gesundheit wird aber heutzutage auch total überbewertet, oder?
So viele Fragen – und das sind bestimmt nicht alle!
Hier ist schon wieder eine:
Was passiert denn bei erhöhtem Verkehrsaufkommen – egal warum es aufkommt?
– Zusätzliches „Geschoppel“ an der jetzt schon oftmals nervtötend überfrequentierten Kreuzung Carl-Jordan / Staatsstraße 2078 / Am Rothbachl
– Zusätzlicher Zeitaufwand für alle, die über diese Kreuzung fahren müssen
– Zusätzlicher Lärm entsteht – durch fahrende und stehende Fahrzeuge
– Zusätzlicher Schadstoffausstoß – der dürfte allerdings die Lebenden deutlich mehr stören als die bereits Bestatteten.
Wie sieht es denn mit möglichst ungestörten Feierabenden auf der Terrasse, oder im Garten, auf dem Balkon, und ganz wichtig: Nachtruhe aus? So zum Batterien wieder aufladen und Kraft tanken für den nächsten Tag? Braucht es das nicht mehr für jeden?
Der Wind trägt doch nicht nur Schadstoffe und Gerüche, sondern auch Geräusche wunderbar weit durch die Landschaft!
In der doch ruhigeren Nacht sind die wunderbar zu hören, je näher man an der Geräuschquelle ist.
Wir wohnen Luftlinie knapp über 3 Kilometer von der Autobahn entfernt.
Je nach Windrichtung hören wir immer wieder nachts entweder die Bahnlinie, oder eben die Autobahn. Dass die Fahrzeuggeräusche von der A8 stammen, ist klar, da schnell fahrende LKW’s dieses eigenartige „singende“ Geräusch verursachen.
Welches durch den fleißigen Wind frei Haus auch ins Schlafzimmer geliefert wird. (Und ohne jetzt weiter drüber nachzudenken – Abgase sind da bestimmt auch mit bei).
Die Frischluftfreaks, die gerne von Frühjahr bis Herbst bei geöffneten oder gekippten Fenstern schlafen, die können sich ungestörten Schlaf vermutlich dann abschminken.
Ein jeder Befürworter des Krematoriums möge sich doch jetzt fragen: ist einem selbst eine Mütze voll gutem, ungestörten Schlaf des Nächstens wichtig?
Vielleicht weil man am nächsten Morgen dann ausgeruht und fit starten kann? Ja?
Möchten Sie auch zusätzliche Schadstoffe – dann aus dem Verbrennungsbetrieb – frei Haus geliefert bekommen? Ja?
Das kriegt der Wind hin – das ist dann Windkraft mal anders!
Wenn der Wind Geräusche mehr als 3 Kilometer weit zu uns trägt, dann möchte ich gar nicht drüber nachdenken, wie laut es bei den unmittelbaren Anwohnern des Krematoriums werden würde.
Und jetzt waren wir nur beim zusätzlichen Geräuschaufkommen / Lärm, was bekanntlich ja auch krank machen kann!
Zurück zu den direkten Anwohnern:
Es ist doch so, dass von vielen Kliniken die Verstorbenen nachts abgeholt werden. Um den Klinikbetrieb nicht zu stören, und Patienten und deren Besucher nicht mit dem Anblick der Leichenwagen zu belästigen.
(Da sind wir aber plötzlich schon mit der Pietät im Gepäck unterwegs…..)
Die nachts Abgeholten können (müssen nicht, werden aber oft) auch nachts bei den Krematorien angeliefert werden.
Mit Sicherheit gehen weder die Anfahrt, noch die Abfahrt, noch das Ausladen des Sarges, geräuschlos von sich.
Aus einem Bericht / Artikel vom ndr aus 2017:
– Ein Geräusch wird zu Lärm, wenn es bewusst oder unbewusst stört und damit das Wohlbefinden beeinträchtigt
– Straßenlärm stört die Deutschen am meisten
– Lärm macht krank
– Nachts reagieren die Ohren empfindlicher
– Bereits geringe Lärmpegel können zu Konzentrations- oder Schlafstörungen führen
Die Aussegnungshalle soll wirtschaftlicher genutzt werden, sagt der Herr Bürgermeister Kloo.
Ich gebe zu, das ist keine Pietätsfrage, macht im dafür sogar richtig Sinn, aber ich will an dieser Stelle trotzdem drüber nachdenken.
Wirtschaftlichkeit ist gut – wir wollen ja auch, dass die Stadt Kolbermoor liquide ist.
Aber auf Kosten der seelischen und körperlichen Gesundheit der direkten und indirekten Anwohner? Echt nicht!
Es will sich mir auch nicht erschließen, wie wirtschaftlichere Nutzung mit den paar Beisetzungen erreicht werden soll, bei denen Kolbermoorer beerdigt werden.
Aus dem Zahlenmaterial dieser Webseite lässt sich schließen, dass man in den kommenden Jahren mit – bestenfalls – 150 Einäscherungen jährlich von Kolbermoorern rechnen kann. Und diese Zahl ist schon optimistisch hochgerechnet.
Wie viele davon werden denn auch gleich im neuen Friedhof neben dem Krematorium beigesetzt?
Es gibt ja noch den alten Friedhof, da finden auch noch einige ihre letzte Ruhe – besonders eine Urne findet auch da wunderbar noch Platz, wo ein Sarg nicht mehr hineinpasst.
Und wie viele der 150 werden an keinem der Kolbermoorer Friedhöfe beerdigt, weil das Grab in einem anderen Ort ist?
Mann – Frau auch – kann ja jetzt in Kolbermoor wohnen und dort auch mal versterben, aber das Familiengrab ist z.B. in Rosenheim.
Das heißt letztendlich, dass jährlich erst einmal rund 3.300+ Einäscherungen stattfinden, bei denen zwar vermutlich eine deutliche Anzahl Trauergäste an- und wieder abreisen (wir wollen ja das Krematorium der Gegend werden, da wird dann schon mal die eine oder andere Entfernung zu fahren in Kauf genommen), die Kreuzung belasten, die Anwohner belästigen – ohne Absicht natürlich – die Bestattung aber ganz woanders ist.
Da wird doch dann bestimmt die Wirtschaftlichkeit unserer Aussegnungshalle nicht bei aufgebessert?
Und wenn der zweite Ofen dann in Betrieb ist, reden wir von ca. 6.800+ Verbrennungsvorgängen jährlich. Mit Verkehr verursachenden ortsfremden Trauergästen versteht sich.
Das sind alles Zahlen, die nicht zu dem passen, was uns versucht wird beizubringen: die Wirtschaftlichkeit der Aussegnungshalle ist ja sicher das allerschwächste in der Liste der Befürworter für das Krematorium!
Wenn ich eine spitze Zunge hätte, würde ich fragen: soll hier die Stadtkasse auf Kosten der Pietät aufgebessert werden?
Und nun haben wir uns noch gar nicht über die zusätzliche Umweltbelastung durch die Einäscherungsvorgänge unterhalten. Aber das heben wir uns für einen anderen Beitrag auf!