Faktencheck 4 – Bedarf und Verkehr

Faktencheck 4 – Bedarf und Verkehr

Bei den Faktenchecks 2 und 3 haben wir uns den Fragen nach dem örtlichen, regionalen und überörtlichen (bundesweiten) Bedarfen zugewandt und sehr deutlich belegt, dass bei allen Betrachtungsweisen überhaupt kein Bedarf an einem neuen Krematorium besteht! 

Von der Stadt Kolbermoor gibt es bis dato zumindest öffentlich keinerlei Bedarfsangaben und auch keinerlei Belastungsanalyse.  

Wie geht der Bürgermeister also beispielsweise mit dem Verkehr auf der Staatsstraße um?  

Bürgermeister Kloo gab wiederholt an, dass das Krematorium kaum Verkehr erzeugt und dass dieser nicht zu spüren wäre. 

Erstens: der Aldi ist schon da. Das Verkehrsaufkommen bei Aldi auch. 

Zweitens: die Staatsstraße ist gerade an der Kreuzung beim Mc Donalds / Aldi jetzt schon morgens und abends völlig überlastet. Jeder in Kolbermoor weiß, dass es hier aus den verschiedenen Richtungen bereits jetzt zu Rückstaus kommt, die längere Wartezeiten im Stau verursacht. Wie wird es hier erst aussehen, wenn die B15 einmal fertig gestellt sein wird. 

Drittens: das Krematorium käme mit dem von ihm ausgelösten Verkehr (Stichwort „Leichentourismus“) noch zu den vorhandenen Verkehrszahlen dazu. 

Bürgermeister Kloo sagt in den Kolbermoorer Nachrichten vom 31. Juli 2019 im Zusammenhang mit einer Andienung der Baustellen einer möglichen neuen Bahntrasse wörtlich, dass die Staatsstraße schon jetzt überbelastet ist

Konsequenterweise muss diese Aussage dann auch auf die Andienung für das Krematorium angewandt werden: dieser würde dann auch noch auf der bereits jetzt völlig überlasteten Staatsstraße – zusätzlich auf dem Rücken der anliegenden Bewohner und letztendlich aller Bewohner von Kolbermoor – abgewickelt werden: 

Dem im städtischen Webauftritt hinterlegten sogenannten „Sachstandsbericht“ zufolge sollen mit dem ersten Ofen im Dreischichtbetrieb jährlich 3.500 Einäscherungen stattfinden. Dies würde auf ca. 13 Einäscherungen pro Tag hinauslaufen, somit 26 Leichenwagenfahrten und 12 Mitarbeiterfahrten. In Traunstein werden 4 Einäscherungen/Tag im Beisein der Hinterbliebenen durchgeführt, insgesamt ist mit mindestens 60 Fahrzeugbewegungen/Tag zu rechnen, doppelt so viele als im Sachstandsbericht angegeben. Die bereits angedachte 2. Ofenlinie für die weiteren 3.500 Einäscherungen hätte eine Verdoppelung zur Folge: 

also ca. 26 Einäscherungen jeden Tag mit mindestens 120 Fahrzeugbewegungen/Tag, vermutlich eher mehr….. 

Herr Kloo müsste sich für eine seiner Wahrheiten entscheiden: ist die Staatsstraße seiner Meinung nach überlastet oder nicht? 

Fakt ist: 

Von einer Bedarfs- und Belastungsanalyse der Stadt, zur Frage des öffentlichen Interesses, zu den ökonomischen und ökologischen Wirkungen auf den Friedhof und das Wohnumfeld sind keine oder nur Interesse geleitete Aussagen der Investorenseite bekannt, die sich die Stadt offenbar zu eigen macht. Insbesondere zu Umweltfragen, die mit dem Betrieb eines Krematoriums verbunden sind, sollte eine öffentliche Verwaltung sensibilisiert sein und nicht nur der Investorenseite Gehör schenken.

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Faktencheck 3 – Bedarf, Teil 2

Faktencheck 3 – Bedarf, Teil 2

Faktencheck 3: Bedarf, Teil 2

Bereits im Faktencheck 2 konnte deutlich belegt werden, dass es überhaupt keinen örtlichen als auch regionalen Bedarf zur Errichtung eines Krematoriums inmitten eines Wohngebietes in Kolbermoor gibt.

Wenden wir uns also einer bundesweiten Betrachtung zu:

Bereits im Artikel „Der Kampf um die Asche“ der Süddeutschen Zeitung vom 19.05.2010 (auf SZ.de zu finden) wird festgestellt, dass schon damals „alle deutschen Krematorien zusammen bis zu 800.000 Leichname einäschern“ könnten; tatsächlich wurden nach dem Artikel in Deutschland nur etwa 400.000 Einäscherungen vorgenommen.

Trotzdem konnte schon damals ein Boom an Neugründungen von Krematorien festgestellt werden. Im Artikel der SZ wird die Zeitschrift Friedhofskultur zitiert, die schon damals mit Sorge in die Zukunft sah: „vielerorts sei es bereits zu einer „ungesunden, ja ruinöser Dichte an Krematorien“ gekommen.

Toni Hanfriede von der Arbeitsgemeinschaft der Krematorien in Deutschland wird von der SZ zitiert: „Die Marktsättigung haben wir schon 2005 erreicht.“

Schon vor Neun Jahren wird von einem ungesunden Wettbewerb unter den Krematorien berichtet, die offenbar in der Hauptsache durch den Preiskampf der privaten Krematorienbetreiber entstanden ist. Allerdings traf es auch private Betreiber: in Cottbus musste nach einem Jahr Betrieb ein privater Betreiber nach nur einem Jahr Betrieb Insolvenz anmelden.

Nach einem Artikel der „Welt“ vom 31.10.2018 (https://www.welt.de/regionales/nrw/article183030148/Feuerbestattungen-Zahl-der-Krematorien-steigt.html) wurden nach Schätzungen des Bundesverbandes der Deutschen Bestatter im Jahr 2017 64 Prozent der rund 930 000 Gestorbenen in Deutschland verbrannt.

Das sind dann 595.200 Einäscherungen/Jahr in Deutschland.

Schon 2010 hatten (siehe oben) die damals existierenden ca. 150 Krematorien eine Kapazität von 800.000 Einäscherungen.

Das ist bereits eine Überkapazität von 200.000 Einäscherungen in Deutschland.

Heute gibt es über 160 Krematorien in Deutschland. Außerdem gibt es Krematorien im grenznahen Ausland; etwa das Krematorium in Salzburg. Auf dessen Homepage wird darauf hingewiesen, dass dessen Einzugsgebiet auch Bayern ist.

Bayern liegt mit 22 Krematorien im bundesdeutschen Vergleich bereits auf Platz 2 aller Bundesländer, nur das westlich gelegene Baden-Württemberg hat 26 Krematorien.

Das bedeutet, dass die beiden südlichsten Bundesländer bereits die meisten Krematorien in Deutschland haben und damit eine deutliche Überkapazität zu erwarten sein müsste, da aufgrund der katholischeren Prägung des Südens von Deutschland mit weniger Einäscherungen als im protestantisch geprägten Norden und insbesondere in den Neuen Bundesländern zu rechnen ist.

Fakt ist also eindeutig:

Es gibt keinen überhaupt keinen Ansatz für einen Bedarf für ein Krematorium in Kolbermoor – weder örtlich, regional noch überregional.

Welchen Grund könnte also die EHG haben, ausgerechnet hier in Kolbermoor mitten in einem Wohngebiet unbedingt den Neubau eines Krematoriums trotz der möglichen Gesundheitlicher Belastungen der in Kolbermoor lebenden Menschen durchzusetzen?

Will man mit Dumpingpreisen regional / überregional (auch ins benachbarte Ausland hinein) den anderen, insbesondere kommunalen Krematorien einen ruinösen Konkurrenzkampf möglicherweise auf Kosten der Menschen von Kolbermoor liefern?

Der 1. Bürgermeister Peter Kloo ist der Bürgerinitiative bis dato immer noch eine Antwort auf die Frage nach dem Bedarf für ein Krematorium in Kolbermoor schuldig.

Wie soll er auch aus oben beschriebenen Gründen einen Bedarf ableiten?

Wir fragen Herrn Kloo:

Wieso vertraut der Bürgermeister nur auf die Aussage eines auf seine wirtschaftlichen Interessen bedachten Investors aus Traunstein, dass es einen Bedarf gäbe und riskiert damit möglicherweise billigend die Gesundheit von den Bürgern von Kolbermoor, für dessen Wohl er als Bürgermeister einstehen und sich verantwortlich zeigen müsste?

Faktencheck 1 – Störfall

Faktencheck 1 – Störfall

Der Betreiber der Leichenverbrennungsfirma in Traunstein hatte vor Kurzem die Verwendung des Begriffs „Störfall“ im Zusammenhang mit einem Krematorium kritisiert.

Jedoch ist der Begriff „Störfall“ ein durchaus üblicherweise angewandter Begriff im Zusammenhang mit technischen Vorfällen in einem Krematorium, siehe hierzu auch:

https://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.pforzheim-neuer-ofen-im-krematorium-leistet-mehr.fc6e46b5-3d91-40e5-982c-8ee7cd5352ac.html

http://files.krematorium-trofaiach.webnode.at/200000112-d2222d31bb/Newsletter_Mai2012.pdf

https://www.regensburg-digital.de/krematorium-regensburg-gefahren-fuer-umwelt-und-mitarbeiter-werden-vertuscht/12122017/

Einmal begonnene Einäscherungen dürfen aus Pietätsgründen nicht unterbrochen werden. So werden zum Schutz der technischen Anlagen (!!!)  und nicht des Menschen im Störfall die sogenannten „Bypass“-Klappen geöffnet, um etwa eine Überhitzung der Filter und der Kamine zu verhindern.

Das Ergebnis: Giftige Rauchgase werden ungefiltert und ungereinigt über Sonderöffnungen direkt in die Umgebung geblasen (Problem z.B. in einer Studie zum Stand der Technik von Prof. Raupenstrauch hingewiesen)!

Immer wieder wird in den Medien über die zahlreichen Störfälle in Krematorien mit Austritt ungereinigter Rauchgase dokumentiert:

  • Graz, Österreich, 2012 mit Personengefährung

Am 13.4.2012 brach im Grazer Krematorium durch Überhitzung in der Filteranlage ein Feuer aus. Die Löscharbeiten erwiesen sich als äußerst schwierig, da die Gefahr der unkontrollierten Sauerstoffzufuhr und Verpuffung bestand. Der Betrieb des ersten Ofens musste bis auf weiteres eingestellt werden. Auf gesundheitliche Gefährdungen der Einsatzkräfte wurde im Artikel nicht eingegangen. (Kronen Zeitung) 

  • Seewen, Schweiz, 2012 mit Gesundheitsgefährdung

200 Kilogramm-Leiche löst Flammeninferno in Krematorium aus: In Seewen kam es am 20.4.2012 zum Brand im örtlichen Krematorium. Grund dafür war die Verbrennung eines 200kg Leichnams, obwohl die Verbrennungsanlage nur für Verbrennungen von Leichen mit einem Maximalgewicht von 130kg ausgelegt ist. Durch den zu hohen Fettanteil der Leiche verbrannte diese wie eine Fackel. Durch die extrem hohe Temperatur schaltete sich die Rauchgas-Reinigungsanlage automatisch ab, die Flammen beschädigten Kabel und die Ventilationssteuerung, schwarzer Rauch stieg auf. (http://www.blick.ch) 

  • Hameln, Deutschland, 2012 mit Umwelteinwirkungen

Brand in Krematorium – Betrieb vorläufig eingestellt: Ein Brand im Krematorium Hameln am Friedhof Wehl richtete erheblichen Sachschaden an. Während eines Verbrennungsvorgangs hatten heiße Abgase Ablagerungen in den Abluftkanälen und im Schornstein in Brand gesetzt. Der Kanal im Übergangsbereich von der Anlage in den Schornstein war an mehreren Stellen bereits durchgebrannt. Die Feuerwehr Hameln stellte in einem mehrstündigen Einsatz den Brandschutz sicher und ließ den Schornstein kontrolliert ausbrennen. Das Krematorium musste mehrere Tage den Betrieb einstellen.  (http://www.dewezet.de) 

  • Kempten, Deutschland, 2009 mit schwer kalkulierbaren Risiken f. Einsatzkräfte
  • Mannheim, Deutschland, 2009 mit schwer kalkulierbaren Risiken f. Einsatzkräfte
  • Hamburg, Deutschland, 2008 mit Kontaminationen durch giftige Stäube

Diese Aufzählung ist folgender Veröffentlichung entnommen:

http://files.krematorium-trofaiach.webnode.at/200000112-d2222d31bb/Newsletter_Mai2012.pdf

Eine ausführliche Dokumentation (12 Seiten) bekannter Krematoriums-Störfälle der letzten Jahre kann nach Aussage der genannten Quelle auf Anfrage von Dr. Christian Weiß bezogen werden (weissc@unileoben.ac.at).